Alle – außer Microsoft – würden von einem relevanten Linux-Marktanteil profitieren.
Version 0.9, 06.05.2017
Der Gedanke liegt nahe, dass es quasi allein die Linuxer sind (wenn auch nicht alle von denen...), die sich eine größere Verbreitung von Linux wünschen. Das dürfte bisher auch die Haltung der Linuxer sein. Sie erhoffen sich von einem (deutlich) größeren Linux-Anteil der privaten Computer-Nutzer eine bessere Unterstützung der Hardware und die plattformübergreifende Verfügbarkeit (über Windows und MacOS hinaus) von mehr Software.
Ein großer Marktanteil von Windows bringt für Windows-Anwender einige Vorteile:
Quasi die gesamte Hardware-Entwicklung, die (auch) private Konsumenten als Zielgruppe hat, ist auf Windows ausgerichtet. Was auch immer man kaufen möchte, unter (dem aktuellen) Windows wird es gut funktionieren.
Analog die Softwarewelt: Fast alle (relevante) Software wird (primär) für Windows entwickelt. Und wenn unverzichtbare Software wie Civilization VI auf Linux portiert wird, dann müssen die Linuxer monatelang auf ihre Version warten.
Windows ist weitgehend einheitlich, von kleineren und größeren Veränderungen zwischen älteren und neueren Versionen abgesehen. Windows-Kenntnisse sind an fast jedem Arbeitsplatz hilfreich und werden zumeist auch vorausgesetzt.
Über den PC genutzte Dienste funktionieren immer mit Windows, oftmals besser oder vielfältiger, manchmal nur dort. Unter Linux kann man nicht mal ohne (rechtlich fragwürdige) Verrenkungen Blu-ray-Discs abspielen.
Die überwiegende Mehrheit aller für private und kommerzielle Computernutzer relevanten Anlaufstellen ist auf Windows ausgerichtet, viele ausschließlich darauf: PC-Händler, IT-Dienstleister, Bildungseinrichtungen (Schulen, die meisten Volkshochschulen (die in kleineren Städten)), Zeitschriften, Bücher.
Windows hat derzeit einen Marktanteil von etwa 90%. Die genannten Vorteile hätte Windows aber auch schon bei einem sehr viel niedrigeren Marktanteil. Läge der (bei privaten Anwendern) bei nur 40%–50%, für die Windows-Nutzer würde sich an diesen Aspekten kaum etwas ändern.
Mit dem heutigen, extremen Marktanteil gehen aber auch einige Ärgernisse einher, an denen sich zwar nicht alle, aber doch einige – private wie geschäftliche und staatliche – Windows-Nutzer stören dürften. Man darf nicht vergessen, dass die Firma Microsoft über einen langen Zeitraum ein derart asoziales Geschäftsgebahren an den Tag gelegt hat, dass sie für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht in den USA und der EU insgesamt schon über eine Milliarde Dollar an Bußgeldern gezahlt hat...
Diverse technische, rechtliche und organisatorische Änderungen hätte Microsoft nicht durchsetzen können (hätte das nicht einmal versucht), wenn ein Großteil der Windows-Nutzer eine realistische Option hätte, auf ein anderes System zu wechseln. Das ist derzeit nicht der Fall; momentan mögen es 5%–10% der privaten Computernutzer sein, die zeitnah und schmerzarm auf Linux wechseln könnten. Wenn Linux aber einen Marktanteil von 20%–25% hätte, dann sähe das anders aus. Dann wären die meisten Hürden verschwunden oder drastisch reduziert, die heute noch die Mehrheit de facto dazu zwingt, bei Windows zu bleiben. Beispiele:
Die notorische Ignoranz der frühen Versionen des Internet-Explorers (ebenso Outlook und Exchange) gegenüber den Internet-Standards.
Die zunächst alternativlose neue Oberfläche von Windows 8.
Das Supportende von XP (Gruß and das Land Berlin).
Die Beschränkung auf den Patchday.
Die Bindung von Windows an manche Hardware, auf der es vorinstalliert ist.
Die Nichtunterstützung neuer Hardware durch Windows 7 und 8.
Der Quasi-Zwang für KMU, von der Professional- auf die Enterprise-Version umzusteigen.
Die Nach-Hause-telefonier-Manie von Windows 10, die den Einsatz auf Arbeitsplatzrechnern in Deutschland rechtlich fragwürdig macht.
Microsoft entscheidet (unabhängig vom Supportende) darüber, wie lange die bisherigen Windows-Installationen noch ihren Dienst tun.
Diese Liste wird in zukünftigen Versionen dieses Textes vermutlich wesentlich länger ausfallen.
Es gibt sicherlich in großer Zahl Leute, die auch in 10 oder 20 Jahren noch Windows benutzen möchten, und dagegen ist erst mal nichts zu sagen. Die Linuxer streben ja nicht an, Windows als Marktführer zu verdrängen. Aber auch Windows-Fans lassen sich vermutlich nicht gern von Microsoft auf der Nase herumtanzen. Die spannende Frage ist, wie viel Spaß diese Windows-Nutzer mit zukünftigen Windows-Versionen haben,
im (fortgeschriebenen) heutigen Szenario, also bei 90% Marktanteil
in einem hypothetischen Szenario mit 75% Marktanteil
in einem hypothetischen Szenario mit 60% Marktanteil
Private Windows-Anwender, die auch langfristig keinerlei Interesse an einem Umstieg auf Linux haben, aber eine Verbesserung ihrer Situation durch eine Reduzierung des Windows-Marktanteils erwarten, können mit minimalem Aufwand einen relevanten Beitrag zur Veränderung der Situation leisten: Sie können zweimal pro Jahr ihre geeignet erscheinenden persönlichen Kontakte (durch direkte Ansprache) und die Öffentlichkeit (mittels sozialer Medien oder privater Website / privatem Blog) auf den LPD hinweisen.
Wir brauchen nur einen von tausend Linuxern als LPD-Veranstalter und einen von hundert als LPD-Helfer, um eine riesige Veranstaltung mit entsprechenden Medienecho zu organisieren. Wenn nur einer von zehntausend Windows-Nutzern sich an der Bewerbung des LPD beteiligte, hätte das gravierende Auswirkungen.
Es gibt sicherlich auch eine Reihe von Unternehmenskunden, die von Microsofts Geschäftsgebahren die Nase gestrichen voll haben. Ähnliches dürfte für einige MS-Wettbewerber gelten, die sich von einem kleineren Windows-Marktanteil Vorteile versprechen; insbesondere diejenigen, die plattformübergreifend entwickeln.
Diese Unternehmen haben wahrscheinlich große Hemmungen, Veranstaltungen wie den Linux Presentation Day öffentlich zu unterstützen, aber sie könnten – vor allem vor dem medialen Durchbruch der Veranstaltung – die LPD-Organisatoren (auf Landesebene oder vor Ort) mit nichtöffentlichen Spenden unterstützen, um dadurch eine kommerzielle Bewerbung der Veranstaltung zu ermöglichen. Auch ein Hinweis auf die Veranstaltung an die eigenen Mitarbeiter (als Besucher oder – privat, unabhängig von ihrem Arbeitgeber – potentielle Mitveranstalter oder Helfer) erscheint denkbar.