Version 1.0, 23.04.2015
Die Kommunikation zwischen Anwälten und Mandanten ist einer der wenigen Fälle, in denen den meisten Leuten leicht einsichtig ist, dass technische Maßnahmen zur Sicherung der Vertraulichkeit angemessen sind – zumal die Anwälte berufsrechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Aber auch an dieser Front ist kein Durchbruch in der Verbreitung von Kryptografie zu beobachten.
Zu den Gründen für die geringe Nutzung zählen:
Präsenz des Themas
Das Thema ist im Alltag kaum präsent. Fast niemand nutzt die Technik; zum Teil wird sie benutzt, ohne dass dies den Kommunikationspartnern auffällt (weil das so gedacht ist). Inzwischen wird auch nur noch wenig darüber berichtet.
fehlende Vorbilder
Es ist nicht nur ein quantitatives Verbreitungsproblem, sondern auch ein qualitatives. Es gibt in der Juristerei offenbar keine allgemein anerkannten Vorbilder, die die Technik verwenden und dadurch eine stetige Weiterverbreitung in Gang bringen könnten.
problematische Informationsquellen
Es gibt in großer Zahl Webseiten, die sich mit dem Thema befassen, allerdings sind viele davon fehlerhaft und befassen sich die weitaus meisten mit dem vergleichsweise einfachen Fall, dass eine Einzelperson für private Zwecke die Technik nutzt.
Hürden für mehr Aufmerksamkeit
Dass es kaum Nutzer, Vorbilder und geeignete Webseiten gibt, auf die man speziell Juristen und deren Mandanten verweisen könnte, erschwert es denjenigen, die gewillt sind, zur Verbreitung beizutragen, dies in brauchbarer Weise zu zun.
suboptimaler Kontakt zu Dienstleistern
Für Unternehmen, die sich auf diesem Gebiet überhaupt nicht auskennen, ist es vermutlich derzeit nicht einfach, schnell Kontakt zu einem offensichtlich kompetenten Dienstleister zu bekommen, der entweder erst mal beratend tätig wird, oder auch die nötige Technik implementieren könnte (idealerweise sowohl am Mailclient als auch alternativ zentral als Crypto-Gateway).
Der Verfasser dieses Konzepts hat für die allgemeine Öffentlichkeit – also nicht speziell für Juristen – ein paar Webseiten erstellt, die es den Nutzern der Technik ermöglichen sollen, mit wenig Aufwand zu ihrer Verbreitung beizutragen:
Diese Seiten eignen sich aus einer Reihe von Gründen nur begrenzt für die Verwendung durch Anwälte.
Die genannten Probleme des status quo bieten aber auch eine Chance, nämlich deren Beseitigung in einer Weise, die den Akteuren Vorteile verschafft.
Eine Kanzlei – idealerweise nicht zu klein (um ernst genommen zu werden und der größeren Bekanntheit wegen), aber auch nicht zu groß (weil dann der interne Umstellungsaufwand hinderlich werden könnte) – könnte eine Website erstellen und dauerhaft betreiben, die als bekannte Anlaufstelle die nötigen Informationen (aus der Perspektive von Anwälten, mittelgroßen Kanzleien und Mandanten) in leicht verdaulicher Weise und attraktiver Darbietung enthält; vielleicht ergänzt durch regelmäßige Erfahrungsberichte (der Betreiber). Vielleicht findet sich dafür ein einprägsamer, lustiger Name. rechts-sicher.de ist leider schon weg.
Warum sollte eine Kanzlei dies machen, zumal es mit Kosten verbunden wäre? Inwieweit ein herausragendes IT-Image nennenswert zum wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei beiträgt, hängt sicher von der Ausrichtung der Kanzlei und der Struktur der Mandanten ab. Aber auf diese Weise könnte mit überschaubarem Aufwand eine Imagestütze geschaffen werden, die nicht kopiert werden kann. Es ist auch vorstellbar, dass auf dieser Website irgendwann mal – zum Stil der Site passende – Werbung geschaltet wird, wenn auch eher nicht für Produkte im Bereich IT-Sicherheit, weil das die Glaubwürdigkeit des Informationsangebots beeinträchtigen könnte.
Damit so ein Webangebot angenommen würde, müsste es nicht schon zu Beginn alle relevanten Aspekte abdecken – die Seiten müssten brauchbar und das beste derartige Angebot sein. Mit welcher Geschwindigkeit man das Angebot ausbaut, könnte man davon abhängig machen, wann mal Zeit dafür ist. Im wesentlichen wäre folgendes zu leisten:
Startumfang festlegen
Man müsste sich überlegen, welchen Mindestumfang die Website zu Beginn haben soll.
verlässliche Informationen
Die dort zu veröffentlichenden Informationen müssten von jemandem mit ausreichender Sachkompetenz gesammelt oder zumindest überprüft werden.
Manche Informationen müssten regelmäßig geprüft und aktualisiert werden (v.a. Aussagen zu bestimmter Software).
inhaltliche Aufbereitung
Die Informationen müssten so aufbereitet werden, dass sie für die Zielgruppe gut verständlich sind. Wenn eine Kanzlei die Technik bei sich einführt, ist sie in einer guten Position dafür, weil die Qualität der Darstellung dann von den eigenen Mitarbeitern bewertet werden kann.
Webdesign
Ein ansprechendes, der Zielgruppe angemessenes Webdesign müsste entwickelt werden.
Später kann entschieden werden, ob das Webangebot in bestimmte Richtungen ausgebaut wird, etwa mit einer Übersicht geeigneter Produkte / Dienstleister. Wenn die Website populär wird, ist vorstellbar, dass der Betreiber Kooperationen mit IT-Medien oder IT-Unternehmen eingeht, die (ab und zu) neue Inhalte liefern.
Vielleicht entwickeln sich aus so einem Webangebot irgendwann mal technische Standards für Anwälte bzw. Kanzleien, die besonders heiklen Tätigkeiten nachgehen.
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